Der Wunsch nach einer Immobilie, gleich, ob selbst genutzt oder als Kapitalanlage, steht bei vielen Verbrauchern ganz oben auf dem finanziellen Wunschzettel. Für die Mehrheit stellt der Immobilienkauf eine einmalige Sache im Leben dar.
Umso schlimmer, wenn die Kaufentscheidung und die Finanzierung auf unzureichendem Wissen und den guten Tipps der Freunde und Kollegen basieren. Wir wollen an dieser Stelle einmal etwas Licht in den Mythos Baufinanzierung bringen und mit einigen Vorurteilen und Fehleinschätzungen aufräumen.
„Geh zur Hausbank – die kennen Dich“
Trotz aller Online-Angebote zieht es potenzielle Käufer zunächst zu ihrer Hausbank. Der Grund ist die Hoffnung, als alter Kunde den einen oder anderen Zinsvorteil zu erhalten und mögliche grundlegende Diskussionen zu vermeiden.
Natürlich besteht die Option, dass das Institut bei einem guten Kunden zu Kompromissen bereit ist. Aber: Filialbanken liegen bezüglich der Zinsen immer noch deutlich über den Online-Anbietern. Ein Vergleich mit diesen Anbietern kann aber durchaus hilfreich sein, der Hausbank gegenüber entsprechende Argumente für ein Entgegenkommen bei der Zinseinstufung zu liefern.
Die Ratenhöhe entscheidet
Auf den ersten Blick zielt der Blick natürlich auf die monatliche Belastung ab. Bei der Überlegung, „wie viel Immobilie kann ich mir leisten?“ geht es ja darum, zu sehen, wie viel des monatlichen Budgets für das Darlehen verwendet werden kann.
Leider ist dieser Gedanke zu kurzfristig gedacht. Das aktuell historisch niedrige Zinsniveau verleitet dazu, mehr zu finanzieren, als in anderen Zeiten möglich wäre. Dies birgt ein Risiko: Niedrige Zinsen bedeuten eine wesentlich längere Finanzierungsdauer.
Wer hier auf eine Tilgung von nur einem Prozent setzt, kann nach Ende der Zinsfestschreibug ein böses Erwachen erleben. Der Zinssatz ist gestiegen, vom Darlehen wurde jedoch kaum etwas getilgt. Eine höhere Rate für die Anschlussfinanzierung ist die Folge, der Traum von der eigenen Immobilie kann dann schnell zum Albtraum werden.
Je niedriger der Zinssatz ausfällt, desto höher sollte der Tilgungsanteil gewählt werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Rate der Anschlussfinanzierung maximal der bisherigen Rate entspricht. Eine Baufinanzierung sollte nicht dazu führen, dass sie für 30 Jahre eine Belastung bleibt.
Bereits von Beginn an ist es wichtig, dass die monatliche Rückführung an die Bank so viel Spielraum lässt, dass noch Geld für Urlaub, Theater oder Restaurant zur Verfügung bleibt. Nichts ist frustrierender, als in der eigenen Immobilie festzusitzen und nicht heraus zu können. Im Zweifelsfall sollten die Käufer Abstriche beim künftigen Zuhause machen.
So viel Eigenkapital wie möglich
Der Kassensturz hat ergeben, wie viel Eigenkapital vorhanden ist. Natürlich ist es verlockend, durch die maximale Eigenkapitalquote entweder die monatliche Rate gering zu halten oder einfach „ein bisschen mehr Haus“ zu kaufen. Aber wie heißt es so schön? Unverhofft kommt oft. Und dies trifft auch auf unerwartete Ausgaben zu.
Die Heizung im Einfamilienhaus kann bei Übergabe in einem noch so guten Zustand gewesen sein. Was passiert, wenn sie unvermittelt den Dienst versagt? Es muss nicht die Heizung sein; ein Auto, das nicht über den TÜV kommt, muss ebenfalls ersetzt werden.
Tatsache ist, dass Immobilienerwerber immer ein finanzielles Polster in der Hinterhand haben sollten, um unerwartete Ausgaben bestreiten zu können. Ist der Rahmen des Finanzierbaren in Bezug auf das Nettoeinkommen ausgeschöpft, wird es auch schwierig, einen Ratenkredit für eine neue Heizung oder ein neues Auto zu erhalten.
Mit der Eigenleistung die Belastung senken
Gerade bei Neubauten greifen viele Immobilienerwerber auf die Eigenleistung zurück. Diese wird von den Banken als Eigenkapital eingestuft und kann tatsächlich zu einer signifikanten Senkung der monatlichen Belastung führen.
Aber – Was passiert, wenn die Helfer oder der Bauherr selbst erkranken? Was ist, wenn sich herausstellt, dass die in Eigenleistung geplanten Maßnahmen die Fertigkeiten und Fähigkeiten des Bauherrn übersteigen?
Die Folge ist, dass in beiden Fällen dann doch ein Handwerker beauftragt werden muss. Dies setzt eine Aufstockung der Baufinanzierung voraus, die wiederum mit einer Erweiterung der Grundschuld einhergeht, was wiederum eine Mehrbelastung bedeutet.
Bauherren sollten daher die Eigenleistung nicht überschätzen und lieber ein etwas höheres Darlehen beantragen, auch wenn sie es am Ende nicht in voller Höhe benötigen.
Surftipp: Zum Lexikoneintrag Eigenleistung
Beim Neubau knallhart kalkuliert
Objekte, die zwei Jahre ohne Außenanstrich stehen oder lange Zeit ohne angelegte Außenanlagen bewohnt werden, sind Zeugen davon, dass bei einem Neubau knallhart kalkuliert wurde.
Außer bei einem durch einen Bauträger zum Festpreis erstellten Objekt bleibt immer das Restrisiko, dass am Ende die Kosten höher ausfallen als ursprünglich geplant. Die letzten Tätigkeiten zur Fertigstellung müssen ruhen, bis wieder genügend Kapital vorhanden ist. Eine Nachfinanzierung wird kritisch.
Sinnvoller ist es, bei einem Neubau rund 20 Prozent mehr Darlehen zu beantragen, als in der Kalkulation benötigt wird. Mit diesem Rahmen bewegen sich Bauherren auf einer sicheren Seite. Wird der Betrag nicht benötigt, kann er an die Bank „zurückgegeben“ werden.
Mieten ist teurer als Kaufen
Wer eine Immobilie erworben und eine sehr lange Zinsfestschreibung vereinbart hat, ist natürlich vor steigenden Kosten zunächst geschützt. Die extrem niedrigen Zinsen können durchaus den Kauf einer Immobilie zu einem Niveau ermöglichen, welches unter den Kosten für die Kaltmiete liegt.
Auf der anderen Seite führten die Niedrigzinsen zu einer steigenden Nachfrage nach Objekten und damit auch zu einem Anstieg der Kaufpreise. Es ist also fraglich, ob in einer guten Lage für ein gutes Objekt tatsächlich die Kreditraten unter den Mietpreisen liegt.
Neben Zins und Tilgung als Pendant zur Kaltmiete für eine Wohnung kommen auf den Käufer eines Einfamilienhauses aber auf jeden Fall höhere Nebenkosten zu. Ein Haus benötigt mehr Strom und Gas oder Öl, als eine Wohnung.
Erwerber einer Eigentumswohnung sollten nicht vergessen, dass sie jetzt die nicht-umlagefähigen Nebenkosten des früheren Vermieters, beispielsweise die Instandhaltungsrücklage, selbst tragen müssen.
Schnelle Kaufentscheidung – die Immobilienpreise steigen
Der größte Fehler, den potenzielle Käufer machen können, ist eine schnelle und nicht bis zu Ende durchdachte Kaufentscheidung. Die künstlich erzeugte Angst vor einer Immobilienblase spielt Maklern und Verkäufern in die Hände.
Das Zinstief hat durchaus in einigen Regionen, hier sei besonders München genannt, zu einem überdurchschnittlichen Preisanstieg geführt. Über die Republik hinweg gesehen bewegt sich dieser aber nach wie vor im normalen Maß und eine Blase ist nicht in Sicht.
Dies belegt auch die Bundesbank, die bestätigt, dass der Finanzierungsanteil seit 2008 von 75 auf 72 Prozent gesunken ist. Die Kreditnachfrage ist folglich gesunken, nicht gestiegen. Eine Immobilienblase würde zwangsläufig auch zu einer stärkeren Kreditnachfrage führen.
Unterschätzer Kostenfaktor: Die Erwerbsnebenkosten
Die Erwerbsnebenkosten stellen bei der Überlegung, wie viel Immobilie finanzierbar ist, eine Position dar, die häufig vergessen oder zu niedrig angesetzt wird. Wer ermittelt hat, dass ein Kaufpreis von 300.000 Euro das Maximum sind, was finanzierbar ist und dann zuschlägt, wird ein Problem haben.
Die Erwerbsnebenkosten können ganz schnell eine Höhe von 15 Prozent des Kaufpreises erreichen. Einige Bundesländer erhöhten im Jahr 2015 die Grunderwerbsteuer. In der Spitze beträgt diese inzwischen 6,5 %.
Dazu kommen die Kosten für Grundbuch, Notar, eventuell Notaranderkonto, Grundschuldbestellung und gegebenenfalls den Makler. In der Spitze müssen die Erwerber mit Nebenkosten in Höhe von 15 Prozent rechnen. Wird ein Gutachter hinzugezogen, erhöht sich der Satz noch einmal.