Lange Baufinanzierungen und die Gefahr der Überschuldung

Über einem Paar, das auf der Wiese liegt, schweben Wolken in Form von Häusern
© Fotolia – Pavel Losevsky

Immobilien als Anlageobjekte und für die eigene Altersvorsorge waren seit jeher in Deutschland eine beliebte Sache. In den vergangenen Jahren hatten die sinkenden Zinsen für Baufinanzierungen zusätzlich für einen regelrechten Boom gesorgt.

Auch Normalverdiener scheinen sich plötzlich das Eigenheim leisten zu können. Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite. Die niedrigen Bauzinsen und die oft langen Laufzeiten von Baukrediten tragen ein Risiko in sich: die Gefahr der Überschuldung.

Allianz führt Zinsfestschreibung bis zu 40 Jahren ein

Lange Zinsfestschreibungen für Baufinanzierungen gehören schon immer zur Tagesordnung der Banken und Baufinanzierer. Nun aber hat die Allianz den Vogel abgeschossen und eine Festschreibung der Zinsen von bis zu 40 (!) Jahren eingeführt.

Damit ist es den Kreditnehmern, die über die Allianz eine Baufinanzierung abschließen, möglich, ihre Bauzinsen über ein halbes Leben lang festzuschreiben.

Vielleicht mag sich das ja auf den ersten Blick gut anhören. Gerade in einer Phase der niedrigen Zinsen. Doch der Preis für Baufinanzierungen, die so lange laufen, ist hoch. Es bedeutet: einen Kredit aufzunehmen, dessen reibungslose Rückzahlung beim Abschluss des Kreditvertrags nicht absehbar ist.

Das Leben ist immer mehr im Wandel. Eine Art Arbeitsplatzgarantie gibt es selbst dort nicht mehr, wo es sie früher zumindest gefühlt noch gab und man bereits in der Ausbildung davon ausgehen konnte, dass man in diesem Betrieb für den Rest seines Arbeitslebens bleiben kann.

Planung auf lange Zeit – und in die Ungewissheit hinein

Je länger eine Baufinanzierung läuft, desto länger wird die monatliche Belastung mitgeschleift. Ein eigenes Heim ohne Vermieter, ist eine schöne Sache. Doch der Traum vom Eigenheim ist viel zu oft bitter ausgeträumt, wenn es Probleme bei der Rückzahlung des Darlehens gibt.

Arbeitslosigkeit, Krankheit, Tod des Ehepartners oder Partners sowie anderen Unwägbarkeiten können im Laufe der Jahre dafür sorgen, dass die monatliche Zahllast nicht mehr zu stemmen ist.

Dies führt von einer Verschuldung in eine Überschuldung und dann meist auch zu einer Zwangsversteigerung. Sollte die Zwangsversteigerung nicht den notwendigen Ertrag zur Tilgung der Restschuld erbringen, bleibt im Ernstfall oft nur noch die Privatinsolvenz.

Besonders hoch ist die Gefahr dann, wenn man ein Baudarlehen aufnimmt ohne selbst eigenes Kapital dafür mitzubringen. Eine Vollfinanzierung anstatt einer Finanzierung mit Eigenkapital hat einige Tücken, die vor lauter Freude über das gekaufte oder gebaute Eigenheim oft vergessen werden.

Baufinanzierung ohne Eigenkapital – und lange Laufzeit

Früher war es üblich, dass Verbraucher, die einen Baukredit oder eine Immobilienfinanzierung aufnehmen wollten, zugleich auch immer einen Anteil an Eigenkapital eingebracht haben.
Ohne eigenes Kapital waren die Kreditinstitute früher in der Regel nicht bereit, eine Baufinanzierung zu vergeben. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Immer mehr Baudarlehen und Immobilienkredite werden vergeben, ohne dass dafür Eigenkapital seitens des Kreditnehmers erforderlich ist.

Das ist auf der einen Seite natürlich gut für jene Verbraucher, die mit einem normalen Einkommen, aber ohne große Rücklagen, ein Eigenheim bauen oder erwerben wollen, um die derzeitige Niedrigzinsphase für sich zu nutzen.

Auf der anderen Seite ist das sehr brisant, da die Gefahr von Zahlungsausfällen bei langen Laufzeiten von Baufinanzierungen höher ist als bei kurzen. Vor allem, wenn ein Kredit mit einer hohen Kreditsumme, aber ohne mitgebrachtes Eigenkapital, zu stemmen ist.

Die Zinsen für solche Vollfinanzierungen sind in der Regel höher als für Baukredite, bei denen Eigenkapital eingebracht wird.

Die Laufzeitfalle bei niedrigen Zinsen

Ein anderes Problem bei der Baufinanzierung ist die Laufzeitfalle, die sich aus den derzeit niedrigen Zinsen bei Baukrediten ergibt.
Das Problem liegt auf der Hand: je niedriger die Zinsen, desto länger zieht sich die Tilgung hin, wenn neben den niedrigen Zinsen eine niedrige Tilgung gewählt wird. Das wird als Laufzeitfalle bezeichnet.

Mehr dazu finden Sie in unserem Artikel: Niedrige Zinsen, lange Tilgung

Mit dem Tilgungsrechner die passende Baufinanzierung berechnen

Um nicht in die Laufzeitfalle zu geraten, ist es zu empfehlen, vor der Aufnahme einer Immobilienfinanzierung das Darlehen mit einem guten Tilgungsrechner durchzurechnen.

Je gründlicher eine Finanzierungsplanung bei einem Hausbau oder Hauskauf ist, desto besser kommt der Kreditnehmer, durch die Phase der Rückzahlung.

Mit unserem Tilgungsrechner können Sie Ihre Baufinanzierung berechnen und dabei die Möglichkeiten verschiedener Tilgungshöhen und Laufzeiten berücksichtigen. Unseren Tilgungsrechner können Sie gleich hier ausprobieren:

Tilgung berechnen - Tilgungsplan

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Rückzahlung realistisch berechnen

Vor der Aufnahme einer Baufinanzierung ist es wichtig, sich ausreichend Gedanken über die Finanzierungsplanung zu machen.

Bedenken Sie dabei folgende Aspekte:

  • Wie hoch kann die monatliche Rate maximal sein?
  • Welchen finanziellen Puffer habe ich darüber hinaus?
  • Wie viel Eigenkapital kann ich einbringen?
  • Wie viel Kredit kann ich mir überhaupt leisten, bzw. möchte ich mir leisten?
  • Will ich zur Absicherung der Rückzahlung eine Restschuldversicherung abschließen?

Das heißt: die Höhe der Raten, sowie die Gesamtsumme der Baufinanzierung will gut berechnet sein. Dabei einbezogen werden sollten die Höhe der Tilgung, sowie die maximale Laufzeit.

Eine Zinsfestschreibung über 40 Jahre, wie sie die Allianz mittlerweile anbietet mag sich zwar verlockend anhören ist aber mit Vorsicht zu genießen.

40 Jahre sind eine lange Zeit, in der viel passieren kann. Dazu kommt das für viele unangenehme Gefühl, Schulden zu haben. Sicherlich kann jeder Bauherr unterschreiben, dass es sich sehr gut anfühlte, als der letzte Baukredit zurückgezahlt war und das Eigenheim dann voll und ganz ein solches war.

Deshalb gilt: eine Baufinanzierung nur in der Höhe aufzunehmen, die wirklich in angemessener Zeit rückzahlbar ist und das zu einer monatlichen Ratenhöhe, die einem nicht die Luft abschnürt. Gleichzeitig sollte der Baukredit so gestaltet werden, dass er möglichst schnell getilgt ist und nicht unnötig lange Laufzeiten hat

Finger weg von Baukrediten ohne Eigenkapital

Inzwischen ist der Trend dahin gegangen, dass auch in Deutschland Baufinanzierungen ohne Eigenkapital vergeben werden. Diese Vollfinanzierungen, die zum Teil sogar bis zu 130 Prozent der Bausumme oder Kaufsumme abdecken, sind jedoch ein teurer Spaß für die Kreditnehmer.

Je weniger Eigenkapital vorhanden ist, desto teurer wird natürlich der Kredit aufgrund des dann höheren Ausfallrisikos für die Banken.

Eigenkapital freie Baufinanzierungen, die dann vielleicht sogar über die mittlerweile möglichen 40 Jahre aufgenommen werden, könnten für viele Kreditnehmer der sichere Weg in die Überschuldung sein und damit einen späteren Verlust ihres Eigenheims bedeuten.

Der Kauf oder Bau einer Immobilie ohne Eigenkapital ist schon aus Kostengründen nicht unbedingt zu empfehlen. Egal, wie verlockend das Kreditangebot auch sein mag. .

Fazit:

In den Zeiten niedriger Zinsen kann sich die Aufnahme eines Baukredits natürlich ganz besonders lohnen. Bei einer langen Zinsbindung sollte jedoch darauf geachtet werden, dass durch eine gleichzeitig niedrige Tilgung nicht in die Zinsfalle getappt wird.

Nach wie vor gilt: eine Baufinanzierung will gut geplant und gut überlegt sein. Zu empfehlen ist es, bei Baukrediten und Immobilienfinanzierungen, möglichst viel an Eigenkapital mitzubringen. Je mehr eigenes Kapital vorhanden ist, desto besser und vor allem günstiger.

Eine gute Finanzierungsplanung und ein günstiger Baukredit mit hoher Tilgung können den Traum vom Eigenheim wahrmachen, ohne dass irgendwann wegen Sorglosigkeit, zu wenig Geld und/oder schlechter Planung alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenbricht.